SPL Phonitor mini — kleiner Verstärker, grosser Klang
Der Phonitor aus der niederrheinischen Audiogeräte-Schmiede SPL ist — inzwischen als Phonitor 2 — ein sehr erfolgreicher Kopfhörerverstärker, und testet man den seit kurzem erhältlichen Phonitor mini [im Folgenden nur: Mini], so kann man dies gut nachvollziehen, schon ohne den grossen Phonitor selbst zu kennen.
Denn der Mini ist eine zwar im Funktionsumfang reduzierte, kompaktere Version, die aber die grundlegenden klanglichen „Gene“ des grösseren Bruders geerbt hat, also insbesondere das 120 Volt-Schaltungsdesign, das einen Betrieb mit hohen Pegeln und eindrucksvolle Rauschabstände ermöglicht.
Die kompakte Bauweise erhöht nicht zuletzt auch die Handlichkeit im mobilen Einsatz, z.B. als Verstärker für Monitoring-Kopfhörer bei einer Vor-Ort-Aufnahme.
Der Mini offeriert ein internes Netzteil und symmetrische sowie asymmetrische Eingänge auf XLR- bzw. Cinch-Buchsen.
Wahlweise einer von beiden Eingängen wird frontseitig aktiviert, und als Ausgang steht die vorn befindliche 6,3mm-Stereoklinkenbuchse bereit, die über ein hochwertiges Alps-Potentiometer regelbar ist. Eine Stereo-/Mono-Umschaltung, mit Mute als dritter Stellung, komplettiert das „Standard“-Programm eines Headphone-Amps.
Von symmetrischem Kopfhörerbetrieb einmal abgesehen, bleiben im Rahmen solchen Standards kaum prinzipielle Wünsche offen. Und da der Phonitor mit der Erfüllung von Wünschen vor allem auch im klanglichen Bereich fortfährt — mit sauber-transparentem, aber nichtsdestoweniger grossem, prächtigen Klang —, könnte er sich schon sehr gut als „normaler“ Kopfhörerverstärker behaupten.
Schon der Blick auf die Schalter-Front zeigt: Da steckt noch mehr in diesem Gehäuse.
Der ganz besondere Reiz der Phonitor-Geräte von SPL liegt in der Möglichkeit einer sog. „Crossfeed“-Matrix, wobei auch diese Funktion im Mini gegenüber dem Phonitor 2 verschlankt ist.
Eine solche Schaltung soll dem über Headphones Hörenden soweit wie möglich einen ähnlichen räumlichen Höreindruck verschaffen, wie er ihn über Lautsprecher hätte. Grund ist das beim Kopfhörer-Hören naturgemässe Fehlen eines Übersprechens des linken Kanals ins rechte Ohr und umgekehrt. Dieses über Lautsprecher selbstverständliche und für den räumlichen Eindruck unentbehrliche Phänomen wird nachgestellt, wobei die Wirkung des „Crossfeed“ sich insbesondere in zeitlicher Dimension und nach der Pegelstärke des Übersprechens steuern lässt.
Beide Parameter ergeben sich aus der realen Situation des Kopfes: Vom Hörer aus gesehen nicht-mittig entstandener Schall erreicht das entferntere Ohr zum einen später als das andere Ohr, zum anderen auch schwächer infolge der (grösseren) Dämpfungs- und Brechungswirkung des im Schallweg zu diesem Ohr befindlichen Kopfes bzw. Kopfteiles.
Die genannten zwei Aspekte des „Crossfeed“ finden sich in den Frontschaltern des Mini wieder. Hat man die Matrix-Funktion mit dem entsprechenden, links vom Potentiometer befindlichen Schalter aktiviert, werden die drei rechtsseitigen Schalter relevant:
„Crossfeed“ regelt dreistufig die erwähnte Pegel- und „Angle“ (ebenfalls dreistufig) die Zeitdifferenz. Letztere bestimmt in besonderem Masse den Eindruck der Breite der fiktiven Lautsprecheraufstellung, woraus sich die Stufung nach Winkel-Werten erklärt, die jeweils dem Winkel zwischen Hörer und einem Lautsprecher korrespondieren. Die 30°-Stellung verweist somit auf eine Lautsprecheraufstellung in einem gleichseitigen Dreieck mit dem Hörer (also mit drei 60°-Winkeln).
Da die Crossfeed-Matrix infolge des Übersprechens die Stereomitte stark aufwertet, findet sich ein dritter Schalter, mit dem bei Bedarf die Mitte etwas im Pegel zurückgenommen werden kann, falls dies bessere Einordnung ins Gesamtklangbild erbringt.
Wer Erfahrungen mit konkurrierenden Hardware-Crossfeed-Schaltungen (insbesondere älterer Bauart) besitzt, mag vielleicht mit gedämpften Erwartungen an die Wirksamkeit einer solchen Matrix herangehen.
Umso positiver wird dann die Überraschung sein, im Mini eine fein und dennoch mit klar hörbaren Stufungen differenzierbare Schaltung zu finden, die angenehm klingt und bereits in jeder Einstellung hochwirksam ist; und deren obere Stärkegrade ein Potential bereitstellen, das das Gros der Hörer vielleicht gar nicht benötigt, das aber quasi beruhigende Reserve beinhaltet, um die volle Breite der Hörgeschmäcker sowie der verschiedensten Kopfhörer-Typen abzudecken.
Wieviel die Matrix des Mini tatsächlich leistet, um das Klangbild aus der unnatürlichen Position im Kopf oder an dessen Aussenseiten herauszulösen und virtuell nach vorn vor den Hörer zu bringen, dessen kann man sich jederzeit —und oft wieder staunend— durch Rückschalten in den Off-Modus vergewissern.
In dieser Leistungsfähigkeit vermag die Matrix sogar mit einer guten Crossfeed-Software-Implementation (z.B. als VST-Plugin) gleichzuziehen. Wer mit solcher Software zu arbeiten gewohnt ist, wird den Mini also doppelt schätzen in Fällen, in denen ein Computer nicht zur Verfügung steht, aber verlässliches Monitoring notwendig ist und dieses ausschliesslich oder zumindest auch per Kopfhörer erfolgen soll.
Fazit: Eindeutige Empfehlung für den Mini, und angesichts dessen moderaten Preises erst recht!
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